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Gräf & Stift 28/32 Doppelphaeton

Kaiser Karl I. und Kaiser Wilhelm II. auf Frontbesuch

von Theo Peter (1:72 Germania-Figuren)

Der österreich-ungarische Kaiser Karl I. und der deutsche Kaiser Wilhelm II. auf Truppenbesuch.
Der österreich-ungarische Kaiser Karl I. und der deutsche Kaiser Wilhelm II. auf Truppenbesuch.

Zum Original

Die ab 1907 in Wiener Automobilfabrik umbenannte österreichische Automobilfabrik Gräf & Stift wurde 1904 von den Brüdern Franz, Heinrich und Carl Gräf sowie dem Kaufmann und Investor Wilhelm Stift gegründet. Berühmt wurden die Automobilhersteller mit der Erfindung des ersten Vorderradantriebs der Geschichte. Im Jahr 1905 baute Gräf & Stift hauptsächlich große Automobile (auch für das Kaiserhaus) und kleine Busse für den Stadt- und Überlandverkehr. 

Schon damals veraltet: die kutschenähnlichen Verzierungen sowie die Holzspeichenräder des Doppelphaetons.
Schon damals veraltet: die kutschenähnlichen Verzierungen sowie die Holzspeichenräder des Doppelphaetons.

Der große Doppelphaeton der Firma Gräf & Stift erlangte traurige Berühmtheit. In einem Fahrzeug dieses Typs wurden am 28. Juni 1914 in Sarajewo der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Herzogin Sophie von Hohenberg bei einem Attentat getötet, das bekanntlich den Ersten Weltkrieg auslöste. Heute steht dieses Fahrzeug mit dem Einschussloch in der hinteren rechten Tür im heeresgeschichtlichen Museum in Wien. Das Loch stammt von der Kugel, die die Herzogin tötete, der Thronfolger wurde durch einen Treffer im Hals getötet. Die Fahrt vom Bahnhof zum Rathaus sollte der Abschluss einer Manöverbeobachtung sein und eigentlich in einem geschlossenen Mercedes stattfinden. Wegen des guten Wetters wurde das Fahrzeug aber kurzer Hand getauscht, wobei das Verdeck des ungepanzerten Gräf & Stift geöffnet war.

Traurige Berühmtheit erlangte das Fahrzeug durch das Sarajewo-Attentat, das den Ersten Weltkrieg auslöste.
Traurige Berühmtheit erlangte das Fahrzeug durch das Sarajewo-Attentat, das den Ersten Weltkrieg auslöste.

Der Gräf & Stift war voll besetzt. Gelenkt wurde das Fahrzeug von Leopold Loyka. Neben ihm saß der Hofkammerbüchsenspanner Gustav Schneiberg, dahinter Landeschef Oskar Potiorek mit Graf Harrach und in der hintersten Reihe das Thronfolgerpaar. Auf der Fahrt zum Rathaus warf ein Attentäter eine Granate auf die Fahrzeugkolonne, wodurch ein Insasse des vierten Fahrzeuges schwer verletzt wurde. Nach der Visite im Rathaus war das Krankenhaus, in dem man den vorhin verletzten Fahrzeuginsassen aus dem vierten Fahrzeug besuchen wollte, an der Reihe. Man wählte aufgrund der Vorkommnisse allerdings nicht die Route durch die Stadt. Doch das Fahrzeug, das den Konvoi anführte, bog an der Lateinerbrücke falsch ab. Der Fahrer des Gräf & Stift erkannte den Fehler und wollte zurücksetzen. In diesem Moment stand das Fahrzeug kurze Zeit still. Diese Chance nutzte der 19-jährige Attentäter, ein Angehöriger der Untergrundorganisation „Junges Bosnien“ und schoss auf das Thronfolgerpaar.  

Um die beiden Monarchen zu begrüßen, hat der Frontoffizier seine Soldaten bereits antreten lassen.
Um die beiden Monarchen zu begrüßen, hat der Frontoffizier seine Soldaten bereits antreten lassen.

Der Doppelphaeton war mit einem 32 PS starken 5,8 Liter Vierzylinder-Motor ausgestattet. Durch das Betätigen einer Klappe im Auspuff konnte der Fahrer bei Überlandfahrten etwas mehr Leistung aus dem Motor herausholen. Für damalige Verhältnisse waren die Holzspeichenräder eigentlich nicht mehr zeitgemäß, ebenso wie die kutschenähnlichen Verzierungen an der Karosserie. Ebenso kurios war die Tatsache, dass es für die vorderen Sitze nur eine Tür gab, die andere war mit Reserverad, Schaltung und Handbremse mit Beschlag belegt. Der Fahrer musste fünf Fußpedale betätigen, nämlich Gas- und Kupplungspedal, Kardanbremse, Hinterradbremse und das Pedal für die Auspuffklappe. Ebenso besaß das Fahrzeug eine Art Berganfahrhilfe – eine Stütze, um ein Zurückrollen des Fahrzeugs zu verhindern.

Langsam aber sicher nähert sich der hohe kaiserliche Besuch in einem offenen Doppelphaeton der Firma Gräf und Stift.
Langsam aber sicher nähert sich der hohe kaiserliche Besuch in einem offenen Doppelphaeton der Firma Gräf und Stift.

Zum Bau

Der Resin-Bausatz der Firma Germania Figuren wurde komplett aus der Box gebaut. Ausnahme war das Lenkrad, welches durch ein Lenkrad aus der Restekiste ersetzt wurde, da mir das mitgelieferte zu dick war. Die hervorragend gegossenen Resinteile passten sehr gut zusammen und besaßen nur wenig Fischhaut. Die vorderen Kotflügel wurden mit Hilfe einer dünnen Metallstange, die in ein vorher gebohrtes Loch durch den Motorblock geschoben wurde, fixiert. So konnten die beiden Kotflügel symmetrisch am Fahrzeug angebracht werden. Leider lag dem Kit keine Bauanleitung bei.  

Einige Fotos aus der Bauphase des komplett aus Resin gegossenen Bausatzes und der hervorragend detaillierten 1:72 Figuren.
Einige Fotos aus der Bauphase des komplett aus Resin gegossenen Bausatzes und der hervorragend detaillierten 1:72 Figuren.

Bemalt wurde das Fahrzeug mit matten Revellfarben. Die Verzierungen wurden mit einer Mischung aus Revell-Bronze und Revell-Messing und einem dünnen Pinsel am Modell angebracht. Die Verglasung der mächtigen Scheinwerfer wurde mit Weißleim realisiert. Nach Trocknung der Farbe folgte ein Washing mit stark verdünntem Revell-Schwarz. Der Innenraum erhielt eine Alterung im Trockenmalverfahren. Die beiden mitgelieferten ausklappbaren Notsitze hinter der Fahrerbank wurden im Modell nicht verbaut. Der Fahrer sowie der Kaiser und der General auf der Rückbank stammen ebenfalls von Germania Figuren und sind von hervorragender Qualität. Die Resinfiguren besitzen keinerlei Sinkstellen oder Fischhäute. Bemalt wurden die 1:72 Figuren mit matten Revellfarben und dem Pinsel. Einzig die beiden hinteren Figuren mussten ein wenig bearbeitet werden, um auf die Rückbank zu passen.

Kurz vor Einsetzen der Dunkelheit - Auch im Abendlicht wurde versucht, das Diorama zu fotografieren.
Kurz vor Einsetzen der Dunkelheit - Auch im Abendlicht wurde versucht, das Diorama zu fotografieren.

Zum Diorama

Beim Durchstöbern des Internets stieß ich auf ein Foto, das den deutschen Kaiser Wilhelm II. und den österreich-ungarischen Kaiser Karl I. mit seinen Truppen in Italien beim Studium einer Karte kurz vor einer der Isonzoschlachten zeigt. Immer wieder wurden solche Besuche von den beiden Kaisern unternommen, um die Kampfmoral der Truppen zu stärken bzw. aufrecht zu erhalten. Dieses Foto war der Auslöser für den Bau des Dioramas.

Die 1:72er Figuren stammen vom Kleinserienhersteller Germania Figuren und wurden mit matten Revellfarben und dem Pinsel bemalt.
Die 1:72er Figuren stammen vom Kleinserienhersteller Germania Figuren und wurden mit matten Revellfarben und dem Pinsel bemalt.

Grundlage des Dioramas war der mit 30 Euro relativ teure 1:72 Bausatz "Village Blacksmith - Dorfschmiede in 1:72" aus der Green Line von Fredericus Rex. Der Kit war bereits beim Öffnen des Kartons sein Geld wert. Enthalten waren neben einer farbigen, sehr ausführlichen Beschreibung mehrere mit Laser bearbeitete Karton-, Papier-, Balsaholz- und Schaumstoffbögen, dazu kamen ein Klarsichtfolienbogen sowie Drahtteile. Der Bau des Hauses wurde Schritt für Schritt gemäß der Bauanleitung durchgeführt und war daher auch für einen Kartonmodellbauneuling wie mich relativ gut zu machen. Bemalt wurden die Teile mit matten Revellfarben und dem Pinsel. Gealtert wurden die Teile anschließend mit stark verdünnter Revellfarbe. Die Mauerfugen wurden mit einem mit der Schere bearbeiteten Borstenpinsel in Dunkelgrau "verfugt".

Was ist denn los? Sind die etwa schon da?
Was ist denn los? Sind die etwa schon da?

Im Innenraum des Bausatzes bestand sogar die Möglichkeit, einen Schmiedeofen mit Rauchabzug und einen Blasebalg zu montieren. Fast alle Teile wurden mit Weißleim miteinander verbunden. Sicherlich kommt das Fachwerkhaus, das eigentlich für mittelalterliche Dioramen gedacht war, in dem einen oder anderen WW2-Diorama zum Einsatz. Vor allem mit dem ausgebauten Innenraum, in den man durch die geöffnete Tür, die Fenster oder auch den Anbauschuppen hineinschauen kann, avanciert es zu einem Schmuckstück in jedem Diorama und ist sicherlich nicht das letzte Kartonmodell von Green Line, welches den Weg auf meinen Basteltisch finden wird. Als positiver Nebeneffekt lieferte der Kit unzählige Teile für die Restekiste (wie beispielsweise nicht verwendete Balsaholzteile oder auch nicht verbaute Fensterrahmen), die, wie ihr sicherlich aus eigener Erfahrung wisst, nie voll genug sein kann.

Zahlreiche Trümmer von abgeschossenen Feindflugzeugen sowie Teile eigener Flugzeuge stapeln sich vor der Unterkunft der Soldaten.
Zahlreiche Trümmer von abgeschossenen Feindflugzeugen sowie Teile eigener Flugzeuge stapeln sich vor der Unterkunft der Soldaten.

Das Diorama besteht aus einer ca. 80x40cm großen Kartonplatte. Mittels Kartonresten wurden die groben Geländestrukturen auf der Grundplatte angebracht und anschließend mit einer Art Pappmache aus Klopapier und einer Weißleim-Wasser-Mischung überzogen. Nach der Bemalung mit matten Revellfarben und dem Pinsel wurde in die noch feuchte Farbe eine Mischung aus fein gesiebter echter Erde gestreut. Nach dem Trocknen wurde NOCH Streugras mit einem aus einer Blockbatterie, Krokodilklemmen, einem Nagel, ein paar Drähten und einem Sieb selbstgebauten Grasmaster auf dem Diorama verteilt. Die Schmiede wurde noch mit zahlreichen Details aus der Restekiste ausgestattet. So stammen die Fässer von Academy, Italeri und CMK. Die Leiter und die Holzfässer stammen von Preiser, die Seile entstanden aus Nähgarn und Weißleim, die Kisten von CMK, der Kühler von Academy und der Vorschlaghammer und der Feuerlöscher von Revell. Die Germania Figuren sind von hervorragender Qualität. Bemalt wurden sie mit matten Revellfarben und dem Pinsel. Die Revell-Fokker Dr.I wurde bereits auf Modellversium veröffentlicht. Die zahlreichen Flugzeugteile von eigenen und gegnerischen Flugzeugen stammen aus der Restekiste und werten das Diorama zusätzlich auf.

Blick auf die bereits auf Modellversium veröffentlichte Fokker Dr.I von Revell im Maßstab 1:72.
Blick auf die bereits auf Modellversium veröffentlichte Fokker Dr.I von Revell im Maßstab 1:72.

Fazit

Dank vieler Kleinserienhersteller werden auch im 1:72 Maßstab Dioramen möglich, die nicht in jeder Sammlung zu finden sind. Die Artikel der Firma Germania Figuren sind von hervorragender Qualität und können meiner Meinung nach uneingeschränkt weiterempfohlen werden. Ich hoffe auf weitere mutige Hersteller, die diesem Beispiel folgen werden. Der Bau des Displays und des Fahrzeugs bzw. der Figuren machte sehr viel Spaß. Sicherlich nicht der letzte Resin-Kit, der den Weg auf meinen Basteltisch finden wird. In diesem Sinne: Mut zu Neuem. Ich hoffe es gefällt…

Kurioserweise stand dem Fahrer nur eine Türe zur Verfügung, da die andere der Handbremse, dem Schalthebel und dem Ersatzrad weichen musste.Begrünt wurde das Diorama mit einem Grasmaster der Marke Eigenbau.Blick aus der Vogelpersektive: Zahlreiche Details lassen das Display noch realistischer wirken.Im Hintergrund ist das Fliegerass Manfred von Richthofen vor seiner roten Fokker zu erkennen.

Kurioserweise stand dem Fahrer nur eine Türe zur Verfügung, da die andere der Handbremse, dem Schalthebel und dem Ersatzrad weichen musste.

Kurioserweise stand dem Fahrer nur eine Türe zur Verfügung, da die andere der Handbremse, dem Schalthebel und dem Ersatzrad weichen musste. 

Theo Peter

Publiziert am 09. Mai 2017

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