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BMW 327 Tourenwagen

von Roland Sachsenhofer (1:48 Hasegawa)

BMW 327 Tourenwagen

Meine Worte zu diesem bemerkenswerten Stück Automobilgeschichte beginne ich mit einem Bekenntnis: ich bin kein Automobil-Kenner! Auch die Begeisterung, die bei vielen Autofreunden schon bei der bloßen Nennung der Automarke BMW aufkommt, ist mir fremd. Das muss beim Bau eines BMW-Automodells allerdings kein Nachteil sein: mit sozusagen unschuldigem Auge eröffnen sich ein paar Einblicke, die dem abgebrühten Auto-Freak vielleicht noch ein müdes Lächeln abringen, mich Neuling aber in Erstaunen versetzen. Zu staunen gab es für mich viel, wie ich gleich ausführen möchte.

Der BMW 327, von 1937 bis 1941 in verschiedenen Ausstattungsvarianten im BMW-Werk Eisenach gefertigt, positionierte sich im damaligen Fahrzeugbau in der absoluten Oberklasse. In Bezug auf Kategorien wie Geschwindigkeit, Fahrkomfort, luxuriöser Ausstattung und modernem Design - aber auch im Preis - hatte die schnittige Konstruktion allfällige Konkurrenz überflügelt. Überraschend für mich war das Ergebnis, wenn man diese Ansprüche mit den technischen Daten in Deckung bringt!

BMW 327 Tourenwagen

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Wer hätte gedacht, das damals ein Fahrzeug mit 50 PS Leistung und einer Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h (bei hochgezüchteter 80 PS-Motorisierung bis zu 150 km/h) das Spitzenfeld markieren würde?

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Die aus heutiger Sicht magere Leistung von 50 PS wurde aus einem Hubraum von 1.971 ccm geholt, erhöhte man die Verdichtung von 1:6 auf das Verhältnis 1:6,3, waren mit 55 PS etwas mehr Leistung aus dem 6-Zylinder Reihenmotor zu gewinnen. Ein zwischen Motor und Kardanwelle eingebautes Getriebe bot dem Fahrer/Fahrerin vier Gänge sowie einen Rückwärtsgang. Allerdings: nur der dritte und der vierte Gang waren synchronisiert; das berühmte „Zwischengasgeben“ war also auch bei dieser Luxuskarosse noch notwendig.

Gefordert war der Fahrer auch bei längeren Strecken: so musste alle 50 Kilometer bei nassen Verhältnissen, alle 30 bei trockenen Fahrstrecken ein Fußpedal mehrmals betätigt werden: die Schmierung der Radachsengelenke erfolgte selbst bei einem Luxuswagen wie diesem auf eine für den heutigen Fahrer etwas hemdsärmelig wirkende Art.

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Auch über diese Eigenheiten hinaus ist der BMW 327 interessant: technisch wie formal bildet sich in ihm eine Epochengrenze ab. Zum einen ist ein Automobil der gehobener Klasse Ende der Dreißigerjahre noch keine Massenware. So fand die Fertigung des BMW 327 noch nicht per Fließband oder in Taktstraßen statt: alle Teile an diesem Wagenwurden individuell per Hand gefertigt beziehungsweise individuell angepasst. Auf diese aufwändige Weise wurden bis zum Produktionsende 1606 „Kabrioletts“, wie man diese Aufbauvariante damals noch geschrieben hat, sowie 265 BMW 327 Coupes gefertigt.

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Der Preis dieser handgefertigten Schmuckstücke belief sich während der vier Jahre, in der die Produktion lief, auf 7.450.- Reichsmark für die Coupe-Variante, für das BMW 327 „Kabriolett“ zahlte man mit 7.500.- Reichsmark sogar etwas mehr. So schwierig diese Summen auf die heutige Kaufkraft umzurechnen sind, eines steht fest: ein BMW 327 war nur den wirklich Wohlhabenden zugänglich.

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Die Formen dieses eindrucksvollen „Tourenwagens“ künden ganz entschieden von der Moderne: standen Kotflügel und Scheinwerfer bei bisherigen Konstruktionen als separierte, einzelne Elemente oft noch von der Karosserieverkleidung ab, zeigt der BMW 327 diese Formen aerodynamisch und ästhetisch vorteilhaft in die Formverläufe der Karosserie integriert. Die bewusste Inszenierung von Geschwindigkeit und Kraft sowie die gewollte formale Nähe zum zeitgenössischen Flugzeugbau sind diesem Entwurf deutlich anzusehen. Auch unter der Haut zeig sich der BMW 327 als „state of the art“- und zukunftsweisend: der Einsatz neuartiger Blechbiegeverfahren und Fortschritte in der Schweißtechnik - auch hier ergeben sich Querverbindungen zum damalig neuen Ganzmetall-Flugzeugbau - ermöglichten mit, den Entwurf aerodynamisch-eleganten Linien zu verwirklichen.

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Ein letzter Punkt, den ich ebenfalls recht erstaunlich fand, sei hier an den Schluss gesetzt. Das Ende der BMW-Produktion 1941 bedeutete nicht das Ende des 327. Nach dem Krieg setzte man die Fertigung dieses Luxuswagens am alten Standort Eisenach zwischen 1952 und `55 unverdrossen fort. Der Produktionsstandort Eisenach lag inzwischen jedoch in der Sowjet-Zone, nach Rechtsstreitigkeiten mit BMW musste sich der in der SBZ produzierende Standort „Eisenacher Motorenwerke EMW“ nennen- und die rund 500 neu produzierten 327 führten das Präfix „EMW“.

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Nachdem auch die britische Nachkriegsindustrie auf Friedenwirtschaft umrüstete, wurde die Geschichte des BMW 327 sogar noch um ein Kapitel mit Linkssteuerung reicher: die Bristol Aircraft Company gründete mit „Bristol Cars“ einen Zweig, der sich der Fahrzeugherstellung annahm. Auf der Suche nach lohnenden Entwürfen stieß man auf den BMW 327 und baute ihn in nicht unerhebliche Stückzahl als „Bristol 400“ ab 1947 nach. Bedeutend ist dies auch deshalb, weil der „400“ seinerseits die Grundstruktur für nachfolgende Modelle von Bristol Cars wie etwa dem Bristol 406 oder dem Bristol Blenheim – schon wieder ein kräftiger Bezug zur Fliegerei! - bieten sollte.

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Mitte 1943 wurde am Fliegerhorst Lille-Vendeville Jagdfliegerass Josef Priller vor seiner Fw 190 A-5 „Schwarze 13“ positioniert und fotografiert. Das besondere dabei: er scheint dabei gerade in oder aus einem BMW 327/55 Sportwagen zu steigen. Was auf den ersten Blick für eine reine Propagandaaufnahme gehalten werden könnte, entpuppt eine näherer Recherche als eine von BMW arrangierte Werbeaufnahme. Ob Propaganda- oder Werbecoup: die Assoziationskraft dieser Aufnahme scheint groß genug gewesen zu sein, dem Bild eine respektable Bekanntheit zu sichern.

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Diese Bekanntheit wiederum führte Hasegawa dazu, 2007 eine eigene, diesem Bild gewidmete Ausgabe ihres ausgezeichneten Fw 190 A-5 Bausatzes mit dem Modell eines BMW 327 sowie einer Figur Josef Prillers aufzulegen: mit dem Inhalt dieses Bausatzes könnte man die Szenerie der Aufnahme von 1943 nachstellen, das hier gezeigte Modell eines BMW 327 stammt aus diesem Bausatz.

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Zum Bauprozess

In den Bausatzteilen fand ich die Qualitäten von Hasegawas Fw 190 wieder: komfortable Passgenauigkeit, überzeugende, wenn auch nicht übertriebene Detailfülle und ein gediegener Teileaufbau, der relativ rasch und unkompliziert zu einem soliden Ergebnis führen kann. Nachdem der Hersteller „Hauler“ einen attraktiven Ätzteilsatz für Hasegawas BMW 327 anbietet, wurde dieser besorgt und verbaut. So sind die massiv gegossenen Kühlergrills ausgesägt und mit jenen aus Metall ersetzt, ein paar weitere Metallteile aus dem Set detaillieren das Modell weiter.

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Ein Wagnis war für mich die Wahl des Lacks: bei diesen Automobilen ist ja ein Hochglanzfinish Pflicht. Gunzes „Shine Red“ macht aber auch in dieser Rolle eine gute Figur; hier wurde nicht einmal mit Klarlack gearbeitet sondern pur und unversiegelt in mehreren Schichten aufgetragen.

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Auch als Modell hat mich der BMW 327 noch einmal staunen lassen: ich konnte kaum glauben, wie klein dieser an und für sich ja recht große Wagen neben der Fw 190 wirkt!

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Zum Auto-Kenner bin ich durch diesen Ausflug sicher nicht geworden und der Klang des Wortes „BMW“ lässt mich noch immer kalt, eines ist aber sicher vertieft worden: der Respekt vor Automodellern, die ihren Wunderwerke überzeugende und vor allem makellose Glanzlack-Oberflächen zu verleihen wissen. Wie herausfordernd das sein muss, hat mich dieser kraftvoll-elegante Tourenwagen ahnen lassen!

Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates“. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at

Roland Sachsenhofer

Publiziert am 23. Mai 2022

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