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Passat

(Heller - Nr. 80888)

Heller - Passat

Produktinfo:

Hersteller:Heller
Sparte:Schiffe Zivil
Katalog Nummer:80888 - Passat
Maßstab:1:150
Kategorie:Bausätze (Plastik)
Preis:ca. 90 €
Inhalt:
  • 2 Rumpfhälften
  • 5 Decksteile
  • 13 Spritzrahmen, einige mehrfach vorhanden
  • 3 Ketten
  • 1 Decalbogen
  • 1 Wantenknüpfmaschine
  • Bauanleitung
  • Diverse Garnrollen
  • Ständer

Besprechung:

Der Bausatz der Passat in 1:150 ist schon seit unzähligen Jahren Im Handel und wird in zwei Versionen vertrieben:

Die hier vorgestellte Variante ohne Plastiksegel und eine Version mit den (furchtbaren) Plastiksegeln.

Daneben gibt es von Heller noch den Bausatz der Pamir in 1:150, der ebenfalls noch verfügbar ist.

Im Internet variieren die Preise stark, so ab 90,-- Euro geht es los, bei Ebay manchmal günstiger.

Dieses Modell habe ich bei Amazon für 49,-- mit beschädigter Verpackung als "gebraucht" erworben. Als sie bei mir eintraf, war allerdings von Schäden nichts zu erkennen. Da musste wohl das Lager leer werden.

Heller - Passat

Zunächst einmal ein kleiner Überblick über das Ori

Die Passat ist 1911 bei Blohm & Voss in Hamburg für die Reederei F. Laeisz vom Stapel gelaufen.1914 wurde sie nach Ausbruch des 1. Weltkrieges in Chile interniert. Erst 1920 konnte sie nach Europa zurückkehren und brachte eine Ladung Salpeter nach Marseille. Die Franzosen hatten allerdings keine Verwendung für das Schiff, und so konnte das Haus Laeisz die Passat für 13.000 Pfund Sterling zurückkaufen.

Danach wurde sie zunächst bei Blohm & Voss gründlich überholt und nahm danach die Fahrt nach Südamerika wieder auf.

1927 wurde der stolze Flying P-Liner erneut bei Blohm & Voss zum frachttragenden Schulschiff umgebaut. Dafür wurde unter aderem die Poop deutlich verlängert, um Platz für die 40 Kadetten zu schaffen.

1928 kollidierte die Passat vor Dungeness mit dem französischen Dampfer Daphne und wurde im Bugbereich beschädigt, blieb aber schwimmfähig. Bereits 1929 hatte die Passat ihre zweite Kollision, diesmal mit dem Tanker British Governor auf Höhe des Royal Sovereign Leuchtschiffes. Wieder wurde der Segler im Bugbereich beschädigt, konnte aber noch Rotterdam erreichen.

Im Jahr 1930 wurde die Passat an den finnischen Reeder Gustaf Erikson für 6.500 Pfund Sterling verkauft.

Die Salpeterfahrt war nicht mehr rentabel und Erikson, der "bloody Gustaf", hielt seine stattliche Flotte von zusammengekauften Windjammern und drastischen Einsparungen an allem in Fahrt.

Der Zweite Weltkrieg sorgte dann für eine lange Liegezeit in Eriksons Heimathafen Mariehamn. 1944 wurde das Schiff für zwei Jahre als Getreidespeicher nach Stockholm verchartert.

1951 stand das Ende des Schiffes bevor. Passat und Pamir sollten in Antwerpen abgewrackt werden, konnten aber durch die Initiative des späteren Kapitäns Grubbe und dem Reeder Schliewen gerettet werden.

In Kiel wurde das Schiff erneut umfangreich umgebaut. Die Passat erhielt Deckshäuser auf dem Hauptdeck und bekam einen Motor. Aus einem U-Boot wurden die Motoren entfernt, Pamir bekam den steuerbordseitigen, die Passat den Backbordmotor. Die Maschine leistete 900 PS.

Als alles soweit fertig war, wurden beide Schiffe gepfändet, Reeder Schliewen war insolvent. Bei der folgenden Zwangsversteigerung erhielt die Schleswig-Holsteinische Landesbank für 335.000 DM den Zuschlag. Danach wurde mit 40 Reedern ein Konsortium gebildet und die Stiftung Pamir und Passat gegründet. Als Korrespondenzreeder fungierte die Firma Zerssen & Co in Rendsburg.

1957 folgte das endgültige Aus: Die Pamir war auf der Rückreise aus Argentinien im Hurrikan Carrie mit 80 Mann gesunken. Passat erreichte mit verrutschter Ladung Lissabon als Nothafen. Die Segelschulschiffsausbildung war nicht mehr vermittelbar, obwohl die Bundesmarine nur ein Jahr später die Gorch Fock II in Dienst stellte.

Im Jahr 1960 wurde die Passat nach Travemünde an ihren heutigen Liegeplatz geschleppt und dient seitdem als stolzes Wahrzeichen und erinnert an eine Epoche der Seefahrt, die nicht mehr wiederkehren wird.

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Passat

 

Das Modell:

Heller ist der einzig verbleibende Hersteller, der zivile Segelschiffe im großen Maßstab 1:150 vertreibt.

Der Bausatz kommt in einem gigantischen Karton, der sehr viel Luft enthält. Die beiden Rumpfhälften passen nicht gut aufeinander, weil die Passungen sehr unpräzise sind. Das ist aber kein Problem. Das erste richtig auffällige Problem ist die fehlende Gravur der Plattenstruktur im Unterwasserschiffsbereich. Dort ist der Rumpf völlig glatt. Da wird man entweder mit Leben müssen, oder das Modell in ein Wasserdiorama betten. Der zweite auffällige Fehler am Rumpf betrifft die Ankerklüsen. Hier kommt die gemeinsame Spritzform mit dem Modell der Pamir zum Tragen: Pamir hatte jeweils beide Ankerklüsen parallel, bei der Passat sitzt die vordere deutlich tiefer. Da hilft nur eine neue Bohrung und das Verschließen der alten Klüse.

Die Stützen der Verschanzungen bilden beim Bausatz massive Dreiecke, tatsächlich waren es einzelne Streben. Das werde ich aber wahrscheinlich so belassen.

Die Decksteile sind grundsätzlich in Ordnung, die Beplankung ist gut und nicht zu aufdringlich graviert, es fehlen allerdings die Querfugen.

Das Modell zeigt den Bauzustand ab den 50er Jahren, also mit den beiden Deckshäusern auf dem Hauptdeck. Wer einen echten Flying P-Liner haben möchte, muss diese Deckshäuser weglassen, allerdings ist an deren Stellen das Deck nicht graviert. Das wird nicht ganz einfach sein.

Die Teile der Aufbauten sind soweit gut und fein graviert, nach meinen Erfahrungen mit Hellers Preussen rechne ich allerdings nicht mit besonders guter Passform.

Im Vergleich zur Preussen ist der Passat Bausatz besser ausgestattet und detailliert. Es liegen z.B. die Spannschrauben für die Wanten und Pardunen bei, inwieweit das haltbar ist, wird sich zeigen. Bei der Preussen sollten einfache Garnschlingen eingesetzt werden.

Die Abdeckungen für die Luken haben hässliche und überdimensionierte "Querbalken", die werde ich wohl entfernen.

Die Spritzlinge für die drei Hauptmasten sind dreifach vorhanden, hier steckt der Teufel richtig tief im Detail:

Die Untermasten und die Marsstenge bilden eine Flucht, quasi ein Rohr ab der ersten Saling. Der Bausatz sieht dafür in den unteren Masten oben eckige Löcher vor, in die die Marsstengen mit einem ganz kurzen Stummel geklebt werden.

Auf dem einen Bild sieht man die Masthälften von innen und die Aussparungen. Das wird mit Sicherheit eine ganz wackelige Angelegenheit und bedarf wahrscheinlich einer Verstärkung.

Die seitlichen Nagelbänke erscheinen mir etwas breit, die Belegnägel müssen abgeschliffen und durch Messingstifte ersetzt werden.

Auf dem einen Bild schräg von der Seite erkennt man, dass die Nägel nur ganz kurze Stummel sind. Da bekommt man sein Garn kaum fest.

Die Fallwinden sind sehr gut, die Brasswinden zu klein und zu wenig detailliert. Dort heißt es nacharbeiten.

Ein Spritzling sieht die Relingsteile vor, die sind gar nicht schlecht, aber ich werde mal wieder löten.

Die Spritzlinge für die Spannschrauben und die Blöcke sind vierfach vorhanden, bei den Blöcken winke ich jetzt schon einmal ab, für die Ausstattung in den oberen Bereichen der Masten sind sie zu groß und passen nicht im Maßstab.

Insgesamt ist der Plastikbereich ordentlich gespritzt und gut detailliert. Man darf die Latte nicht zu hoch hängen, die Form ist mittlerweile schon ziemlich alt. Hier und da fallen Grate auf, alles kein Problem.

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Passat

 

Alle Farbangaben beziehen sich übrigens auf Heller Humbrol.

Das ganz dicke Problem ist die Bauanleitung. Die ersten Schritte sind noch logisch und schlüssig, aber dann kommt es richtig dick. Auf den A3 großen Seiten werden Teile über Teile in einem Bauabschnitt gezeigt. Die Pfeile und Linien, wo was hinsoll, sorgen für eine ordentliche Verwirrung, zumal der Druck nicht besonders gut und scharf ist.

Das gleiche gilt für den Takelplan, der nebenbei die Takelung zu vereinfacht darstellt. Im Maßstab 1:150 kann man vieles deutlich genauer darstellen. Wer noch nie ein Segelschiff getakelt hat, wird hier eine echte Feuerprobe zu bestehen haben. Da helfen dann die geschriebenen Bauanweisungen in recht drolligem Deutsch auch nicht mehr weiter.

Kleiner Tipp: Immer von unten nach oben und von innen nach außen takeln. Wer z.B. erst die beiden Laufbrücken und die Boote installiert, kommt hinterher nicht mehr an die Nagelbänke heran, ohne sich die Finger zu brechen.

Wer einen Vergleich sucht, sollte nur die Peking als Referenz wählen. Die ist als einzige der Laeiszschen Viermastbarken fast baugleich zur Passat. Alle anderen weichen mehr oder weniger ab. Generell sind die Schiffe von Blohm & Voss anders als die Schiffe von Tecklenborg.

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Passat

 

Stärken:
  • Tolles Vorbild
  • Mit einigem Aufwand Umbau zum echten Flying P-Liner aus Hamburg möglich
  • Kann und hat nicht jeder
  • Der Preis ist umgerechnet auf die zu erwartenden Baustunden ok
  • Original als Referenz in Travemünde noch vorhanden und zugänglich
  • Umfangreiche Literatur verfügbar
  • Insgesamt ordentliche Qualität der Plastikteile
Schwächen:
  • Fehlende Beplattung des Unterwasserschiffes
  • Ankerklüsen falsch
  • Die Bauanleitung ist wirklich schlecht
  • Fehlende Segel dieser Variante, wer diese Art von Segeln mag

Fazit:

Ein grandioser Bausatz, der viel verlangen wird und einige Tücken hat.

Für Einsteiger eher nicht geeignet, für Segelschiffsbauer eine Herausforderung aber auch ein Genuss.

Wer es einrichten kann, sollte den Bau mit einem Besuch in Travemünde kombinieren, am besten nicht im Hochsommer an den Wochenenden, da ist das Schiff knackevoll. Kamera und Notizblock nicht vergessen!

Diese Besprechung stammt von Christian Groth - 09. Juni 2014

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