Du bist hier: Home > Tipps & Tricks > Detaillieren > Boden – ein wenig beachtetes Thema beim Dioramenbau Boden – ein wenig beachtetes Thema beim Dioramenbauvon Thomas EhrenspergerWarnung: Bei allen unseren Tipps & Tricks immer an die Sicherheit denken und wenn möglich erst an einem Probestück ausprobieren. Boden – mehr als DreckDa ich mich in letzter Zeit verstärkt dem Dioramenbau im Maßstab 1:35 gewidmet habe, kam irgendwann zwangsläufig das Thema Boden aufs Tapet. Eine stabile Unterlage, die sich nicht verziehen sollte, darauf die grobe Landschaftsoberfläche aus einem geschäumten Leichtgewichtsmaterial, lufttrocknende Modelliermasse – je leichter umso besser. Als nächstes kommt der eigentliche Boden, manchmal nur aus Farbe, darüber Bodenbelag, z.B. Streumaterial und Pflanzen. Die Zubehörhersteller bieten ein vielfältiges Angebot, dass kaum Wünsche offenlässt. GartenerdeEs ist aber auch gängige Modellbaupraxis, sich aus dem eigenen Garten das benötigte Material für die Dioramaoberfläche zu holen und entsprechend auszusieben, bis man die gewünschten Korngrößen bekommt, die dann mit einem Wasser-Holzleimgemisch auf der Unterlage aufgebracht werden können. Wer auf „Nummer sicher“ gehen will, sterilisiert das Material vorher bei 60°C im Backofen. Ein englischer Modellbaukollege verwendet dazu die Mikrowelle, um die im Boden vorhandenen anaeroben Bakterien unschädlich zu machen. Übrigens, wer größere Bodenlebewesen aus seiner „Modellerde“ vertreiben will, legt die Bodenprobe als Erstes auf einer Zeitungsunterlage in die Sonne. Tausendfüßler und Co. suchen dann sofort wieder ein dunkles Lebensumfeld auf. Aber am besten greift man m.E. gleich zu mineralischen „Substraten“ – doch dazu später mehr. Für mich kommt die Gartenerde aus weiteren Gründen nicht in Frage. Zum einen entspricht das Farbspektrum dieses „künstlichen“ Bodens, der nicht an Ort und Stelle „gewachsen“ ist, meist nicht den farblichen Anforderungen an die Vorbildregion, die mich interessiert. Gartenböden (Hortisole) sind v.a. eine Mischung aus dem, was in den Garten eingebracht wurde, meist Produkte aus Erdwerken mit hohem Humusanteil. Farblich entspricht die Gartenerde – meist schwärzlich-grau bis bestenfalls umbra – nicht meinen Vorstellungen und dem Verwendungszweck. Klar, man kann mit der Airbrush nachhelfen und die Farbe den Vorstellungen anpassen. Dann liefert das Substrat nur die gewünschte Textur. Andererseits kommt für mich die Gartenerde-Methode nicht in Frage, da ich dort meist nur oberflächennah das Material entnehme, sprich noch ein hoher pflanzlicher und humoser Anteil sich darin befindet. Eine Schlämmanalyse im Marmeladeglas zeigt mir die genaue Zusammensetzung und was ich davon ggf. verwenden könnte (siehe Photo 1, links). Dazu wird ein gespültes Marmeladeglas mit Erde gefüllt (max. bis zur Hälfte), mit Wasser aufgefüllt, so dass noch ein Schüttelraum darüber frei bleibt (siehe Photo). Das Marmeladeglas wird dann so lange geschüttelt, bis alle Bodenbestandteile im Wasser „schweben“; dann wird das Glas abgestellt und nicht mehr berührt. Die Schwerkraft sortiert dann schichtweise die Korngrößen, grob unten – sehr fein oben.*
Boden ist nicht gleich BodenIch entscheide mich für eine andere Methode. Dazu besorge ich mir Erde vom Bauaushub in einem Neubaugebiet (ein Gespräch mit Bauherr oder Baggerfahrer sollte den gewünschten Erfolg bringen). Dies hat den riesigen Vorteil, dass das Material nicht aus einer oberflächennahen Bodenschicht stammt, also kaum noch pflanzlich-humoses Material zu erwarten ist. Die Schlämmanalyse bestätigt die Vermutung, eine mineralisch einheitliche Masse, die sich direkt aus dem Glas in Suspension (vorher schütteln) mit einem Borstenpinsel auf einem Modell aufbringen lässt. Dies hat für mich den Vorteil, dass ich nach der Trocknungszeit die „Verstaubung“ beurteilen kann und danach mit einer alten Zahnbürste so viel reduziere, bis mir der Zustand gefällt. Dabei haftet die Erde recht gut auf der matt lackierten Modelloberfläche; ein Zuviel davon lässt sich aber mit einem Q-Tip und Wasser wieder entfernen. Der optimale Zustand wird dann mit Mattlack übernebelt und dauerhaft grifffest gemacht.
FertigprodukteViele Hersteller versorgen uns Modellbauer dankenswerter Weise mit immer neuen Produkten, auch für die Oberflächengestaltung von Dioramen. Da ich gelegentlich mal ein Finnland-Diorama baue, brauche ich auch Modellschnee Dabei verwende ich gerne die Texturfarbe „Snow Effect” von Tamiya (Nr. 87119). Nach den guten Erfahrungen damit lag es nahe für den Bau eines weiteren Vietnam-Dioramas ebenfalls auf ein käufliches Produkt zurückzugreifen – eine Panzerhaubitze M109 sollte im zentralen Hochland Südvietnams eine frisch angelegte Stellung mit Erdwällen beziehen. Zumal die Baugrubenmethode hier nicht funktioniert; in meinem Wohnumfeld sind Braun- und Parabraunerden verbreitet. Und wer sich nicht aus dem Urlaub in Südeuropa etwas Terra Rossa mitgebracht hat oder im Versandhandel für Künstlerbedarf entsprechende mineralische Pigmente bestellen will, greift gerne zu einer käuflichen Fertigpaste, die es für viele Oberflächen gibt (auch Strand, Beton, Teerstraße). „Acrylic Vietnam Ground“ (A-MIG 2109) habe ich für mein Diorama ausprobiert. Es ließ sich mit einem Plastik-Eislöffelchen (ungemein praktisch: Außenseite konvex, Innenseite konkav) leicht auftragen**. Das knirschende Geräusch dabei ergab schon einen Rückschluss auf einen Bestandteil der Paste: feiner Sand. Insgesamt war der erste Eindruck nicht schlecht, allerdings wollte der Glanz während des gesamten Trocknungsprozesses (auch nach 24 und 48 h) nicht verschwinden, so dass ich später zum Wasserfarbkasten griff, um Abhilfe zu schaffen. Ergebnis: ja, aber … der Plan meine eigene Bodenpaste herzustellen reifte. Zutaten: Abtönfarbe, Holzleim, Wasser, mineralischer Zuschlag (z.B. Vogelsand). "Keep it plain and simple". Erste Versuche verliefen vielversprechend, und ich hoffe bald ein Diorama zeigen zu können.
Fazit:Viele Wege führen nach Rom – neuhochdeutsch Methodenvielfalt. Und letztendlich entscheidet jeder, was ihm gefällt, ob authentisch, die Realität nachahmend oder der eigenen Phantasie und Wahrnehmung geschuldet. Freuen würde ich mich, wenn viele dem Thema Boden im Modell bewusst begegnen oder gar einmal die Baugrubenmethode ausprobieren. Anmerkungen:* Es empfiehlt sich, die Gartenprobe nach Absatz der Partikel unbedingt möglichst zeitnah am Entnahmeort wieder auszukippen, da in ihr vorhandene anaerobe Bakterien unter Luftabschluss sofort ihre Tätigkeit aufnehmen, was zu Faulgas und unangenehmen Gerüchen führt, sofern die Bodenprobe nicht sterilisiert wurde. ** Auf Grund der EU-Einwegkunststoffrichtlinie vom 3. Juli 2021 sind Einwegplastikeislöffel verboten. Ich fand sie zum Wegwerfen schon immer zu schade. ReferenzenWer ganz tief ins Thema Böden in Vietnam einsteigen möchte, findet den Titel …Nguyen Van Bo u.a., The Basic Information of Main Soil Units of Vietnam. Hanoi 2002.… im www unter: https://data.opendevelopmentmekong.net/dataset/db437824-1e2f-4bef-9338-0634a647cf59/resource/987f1f13-b4cd-4d6c-8475-294fa2a4b5a4/download/basic-information-of-main-soil-units-in-vietnam-.compressed.pdf (7.8.2025) Für die beiden im Text genannten Vietnam-Dioramen reichen aber schon die Informationen aus, die ein handelsüblicher Schulatlas (z.B. Diercke Weltatlas S. 229, S.234f) mit Klima- und Bodenkarte liefert. Stark vereinfacht: Tropisches Klima mit roten Böden im Süden (zentrales Hochland, Region Da Lat), Jahreszeiten-Klima und braune Böden im Norden (Region Hanoi, Cao Bang). Mit einigen Photos aus dem Netz lassen sich trotz aller Unterschiede hinsichtlich weiterer Einflussfaktoren wie Licht und Beleuchtung ausreichend gute Vorstellungen von den Böden gewinnen und die angegebenen zonalen Böden weiter differenzieren. Thomas Ehrensperger Publiziert am 01. September 2025 Du bist hier: Home > Tipps & Tricks > Detaillieren > Boden – ein wenig beachtetes Thema beim Dioramenbau © 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |