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Folland Gnat FR.1

eine Stechmücke mit Weitblick

von Bernd Korte (1:72 Pro Resin)

Folland Gnat FR.1

Anfang der 50er Jahre widersetzte man sich bei der Firma Folland in Großbritannien dem in der Kampflugzeug-Entwicklung vorherrschenden Trend zu immer größeren und damit teureren Entwürfen und projektierte ein einfaches, leichtes Flugzeug, das mögliche Nischenmärkte füllen sollte. Heraus kam ein mit neun Metern Länge um etwa 1/3 kleineres Flugzeug als die aus derselben Zeit stammende Hawker Hunter. Während die heimische RAF nur die zweisitzige Trainerversion in Serie beschaffte, konnte das später in Hawker Siddeley aufgehende Unternehmen auf dem Exportmarkt Indien, Finnland sowie Jugoslawien als Kunden für die einsitzige Basisvariante gewinnen. Finnland kaufte insgesamt 13 Gnats (Englisch für Stechmücke), von denen zwei zu Aufklärern mit geänderter Kameranase umgerüstet und als Gnat FR.1 bezeichnet wurden.

Folland Gnat FR.1

Das Modell

Wohl da die Trainerversion durch ihre Karriere bei den britischen „Yellowjacks" und auch bei der später daraus hervorgegangenen „Red Arrows"-Kunstflugstaffel am bekanntesten ist, gab es in 1:72 lange Zeit nur den Zweisitzer von Airfix und Matchbox. Das änderte sich mit der Ankündigung von Special Hobby, den Einsitzer MK.I auf den Markt bringen zu wollen. Während der Spritzguss-Bausatz aus Tschechien jedoch noch seiner Auslieferung harrt, hat Olimp Models aus der Ukraine unter ihrem Label Pro Resin bereits gleich drei verschiedene Gnat-Einsitzer in Resin aufgelegt. Ich entschied mich für die Ausgabe, die den Bau der erwähnten finnischen Aufklärerversion zulässt.

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Resin - mein 'neuer' Werkstoff

Die Gnat sollte der erste Resinbausatz werden, den ich in meine sonst an Spritzguss gewöhnten Bastlerhände bekam. Natürlich(?) hatte ich vorher schon hier und da Resin-Zurüstteile wie Schleudersitze und Räder an anderen Modellen verbaut, so dass mir das Material nicht völlig fremd war. Ein gänzlich aus Resin bestehender Kit ließ mich jedoch vor Baubeginn erst einmal eine Reihe von Überlegungen anstellen, wie an das bevorstehende Projekt heranzugehen sei. An dieser Stelle vielen Dank an Bernhard Pethe, der mir bei allen Fragen Gehör und vor allem auch Antworten schenkte.

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Das erste Ergebnis dieser planerischen Phase war, dass ich alle Teile in warmem Wasser mit etwas Geschirrspülmittel abwusch, wozu ich eine alte Zahnbürste benutzte. Wer seit drei Jahren auf einen guten Grund wartet, seine Bürste wie vom Deutschen Zahnärzte Verband empfohlen nicht erst nach Ausfall der letzten Borste zu wechseln, sollte diesen nun ergreifen. Neben der verbesserten Mundhygiene hat dies noch den Vorteil, dass die alte Bürste dabei hilft, aus der Form stammende Fettrückstände und kleinste Resinkrümel von den Teilen zu entfernen, so dass die spätere Lackierung besser haftet.

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Der Zusammenbau

Wie auch bei Großserienbausätzen in Spritzguss üblich, startet der Zusammenbau mit dem Arbeitsplatz des Piloten. Bodenplatte, Instrumentenbord, Steuerknüppel und Sitz füllen die Enge des Gnat-Cockpits gut aus. Da die schwarze Grundfarbe die Einsichtnahme, besonders bei geschlossener Kanzel, nicht gerade fördert, sollten die schönen Details etwas hervorgehoben werden. So wurde das Cockpit in einem leicht aufgehellten Schwarz lackiert, und Instrumentenbrett wie auch Seitenkonsolen in einem dunkleren Schwarz abgesetzt. Ein graues Drybrushing sorgt dafür, dass die Strukturen plastisch hervortreten. Da ich zum Lackieren Acrylfarben benutze, grundierte ich übrigens immer mit einem hellgrauen Enamel-Farbton vor, um die Haftung zu erhöhen. Gleichzeitig lassen sich so die Spachtel- und Klebenähte erkennen, bei denen man sich zu früh gefreut hat, als man dachte, man sei mit dem Verschleifen fertig. Dies wird später besonders nützlich sein, wenn es gilt, die vorhandenen Luftbläschen an den Rumpfunterseiten zu schließen. Überhaupt geht der Großteil des Arbeitsaufwandes eines Resinbausatzes auf die notwendige sorgfältige Vorbereitung und Nacharbeit der einzelnen Bauteile zurück. Das beginnt beim vorsichtigen Absägen vom Angussklotz, geht über das frimelige Entfernen von häufig vorhandener Fischhaut, und endet mit dem Reparieren der Teile, die man im Verlauf der ersten beiden Schritte vor innerlicher Anspannung zerbrochen hat. Wer behauptet, Modellbau sei Entspannung pur, weil es ja ein Hobby ist, wird spätestens beim Versuch, die Perforierung weniger Millimeter großer Resin-Federbeinscheren aufzubohren, Lügen gestraft.

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Ist das Cockpit fertig, wird es in eine der Rumpfhälften geklebt, allerdings ohne den Sitz, der später von oben eingesetzt wurde. Zum Kleben bietet sich bei Resin hauptsächlich, wenn nicht quasi ausschließlich, Sekundenkleber an (Zwei-Komponenten-Kleber kommt mir als einzige Alternative in den Sinn). Diesen gibt es in vielen verschiedenen Formen und Flüssigkeitsgraden. Ich kam gut mit einer dünnflüssigen Variante von Pattex zurecht, die in 5g Fläschchen mit Pinsel angeboten wird. Der Einsatz von Sekundenkleber aus der Tube, ohne Pinsel, führte bei mir häufiger zu verklebten Gliedmaßen als korrekt aneinandergefügten Bauteilen. Neben dem Cockpit klebte ich ebenfalls die schon abweichend von der Anleitung in Alu lackierten Fahrwerksschächte in die Rumpfhälften, das Fahrwerk an sich musste bis zum Ende der Hauptlackierung warten. Der Bugfahrwerksschacht muss dabei vorne etwas abgedünnt werden, damit er unter den Cockpitboden passt. Da das Schleifen von Resin im Vergleich zu Plastik eine recht staubige Angelegenheit ist, sollte man zumindest nass schleifen, und eine Staubschutzmaske hat auch noch keinem geschadet. Das Düsenendstück kann wie der Sitz auch erst einmal weggelassen und später eingebaut werden, was die Lackierung erheblich vereinfacht.

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Wer bisher nur Spritzgussbausätze unter dem Messer hatte, steht bei der Rumpfmontage vor dem nächsten resinspezifischem Problem. Wie bei Kleinserienbausätzen üblich, gibt es keine Stecklaschen, um die Rumpfhälften auf Linie zu bringen. Und der Einsatz von Sekundenkleber macht es auch nicht einfacher. Will man den Rumpf nämlich wie gewohnt in einem Rutsch zusammenkleben, hat man, wie der Name schon vermuten lässt, eine, vielleicht zwei Sekunden Zeit, für die richtige Ausrichtung zu sorgen, bevor der Kleber „dicht macht". Wer die Welt um sich herum nicht Matrix-mäßig auf Zeitlupentempo verlangsamen kann, sollte den Versuch daher erst gar nicht starten. Eine gängige Lösung besteht darin, die beiden Rumpfhälften mit Klebeband oder Gummiringen zusammenzusetzen, und dann den Kleber in die Naht einfließen zu lassen. Die in meinem Fall durch Gummibänder bedeckten Stellen sollten später natürlich nachbehandelt werden. Damit das Modell später auch wirklich auf allen drei Beinen steht, sollte im Rumpf soweit vorne wie möglich etwas Zusatzballast eingeklebt werden. So weit vorne wie möglich heißt konkret, direkt hinter dem Cockpit. Ich tat das nicht und hatte so am Ende Zuwachs in meiner Tail-Sitter-Sammlung.

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Die Klebenähte müssen nun noch verschliffen, und wo nötig nochmals mit Sekundenkleber verspachtelt werden. Bei diesem Prozess gehen natürlich ein paar der feinen Gravuren verloren, die am Ende nachgezogen werden sollten. Auf der Rumpfunterseite stellten einige kleine Löcher, die von Luftbläschen im Resin herrührten, meine Geduld auf die Probe. Sobald man nämlich ein Loch verspachtelt hatte, „offenbarte" sich beim nachfolgenden Schleifen an benachbarter Stelle gleich das nächste. Ich hätte tagelang Löcher zuspachteln und schleifen können, nur irgendwann hätte dann wohl der komplette Unterrumpf als Schleifstaub auf meinem Basteltisch gelegen. Weil das, wie mir schien, beim fertigen Modell eher unvorteilhaft aussehen würde, beließ ich es am Ende bei ein paar winzigen Löchern und verabschiedete mich so aus dem Schleif-und-Spachtel-Teufelskreis.

Die Flügelmontage verlangte dank des bereits bei der Rumpfmontage angesprochenen Sekundenkleber-Problems gleichfalls nach einer passenden Lösung. Da Gummiringe hier zum Fixieren eher ungeeignet sind, wurden in Flügel und Rumpf je zwei Löcher gebohrt, in die ich dann kleine Stücke einer Büroklammer einpasste. Mit etwas Sorgfalt kann man so seine eigene Steckverbindung konstruieren, so dass die Flügel erst im richtigen Winkel angesteckt und dann mit Sekundenkleber verklebt werden können. Dieser Vorgang bedarf beim ersten Mal zwar etwas Geduld, aber schon beim zweiten Flügel geht die Sache dann bereits viel leichter von der Hand. Reine Übungssache eben. Bevor es nun ans Lackieren gehen kann, muss nur noch die tiefgezogene Cockpithaube ausgeschnitten, maskiert und mit Weißleim verklebt sowie, wenn nötig, verspachtelt werden.

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Die Lackierung, Decals und Finish

Zuerst wurde das komplette Modell mit dem erwähnten Grau von Humbrol grundiert. Sind alle dabei entdeckten Macken ausgebessert, geht es auf der Unterseite weiter. Diese war beim Vorbild metallfarben lackiert, was ich mit Silber von JPS-Color nachahmte. Nach einem kurzen Abklebe-Zwischenstopp waren die schwarzen Bereiche auf dem Rumpfrücken und am Seitenleitwerk an der Reihe. Wieder abkleben, und die beiden Tarnfarben Dark Sea Grey (Vallejo Model Air 048) und Dark Green (JPC Color BS 381 C: 641) kamen in dieser Abfolge zum Einsatz - getreu dem Motto „dunkel auf hell". Die Anleitung zeigt hier leider ein falsches Tarnschema für die Steuerbordseite - nämlich einfach das Spiegelbild von Backbord. Daher mussten ein paar Fotos zu Rate gezogen werden, um den Tarnverlauf selbst zu rekonstruieren. Am Ende wurden das Grau und das Grün jeweils mit Weiß etwas aufgehellt und mittig auf die bereits bestehende Tarnlackierung gesprüht, um ein leichtes Ausbleichen der Farbe zu simulieren. Ein Zwischenfinish mit Future über alles bereitete das Modell auf die Decals vor.

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Die Abziehbilder sind sehr dünn und lassen sich mit etwas Vorsicht gut verarbeiten, so dass am Ende kein Trägerfilm mehr sichtbar ist. Ihre „Ablösezeit" ist überraschend gering, ein paar Sekunden im Wasser reichten meist aus. Man sollte sie ohne Hektik direkt vom Träger auf die Modelloberfläche schieben, wenn nötig die Position korrigieren und dann fixieren, denn jedes unnötige Manöver, sei es mittels Pinzette, Zahnstocher oder gar Finger, birgt nur die Gefahr, dass sie sich einrollen und unbrauchbar werden. Erst beim Aufbringen der Abziehbilder ist mir aufgefallen, dass es am Rumpf backbordseitig hinter dem Flügelansatz ein Problem mit dem dort dargestellten Lufteinlauf gibt. Dieser sitzt zu weit vorne. Eigentlich sollte das finnische Roundel kurz davor sitzen, wegen dieser Geometrieprobleme verdeckt es nun aber komplett den Einlauf. Da sich ansonsten aber die Anzahl der Decals in Grenzen hält, ist auch diese Arbeit bald vollendet, und eine weitere Schicht Future kann sich zum Schutz der Decals vor dem folgenden Washing mit grauer Ölfarbe anschließen. Nach dem Washing spielte ich hier und da mit den Weathering Master Sets von Tamiya herum und fixierte schlussendlich alles mit einem seidenmatten Finish.

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Das letzte Kapitel auf dem Weg zur fertigen Gnat stellte nun das Montieren aller bisher einzeln behandelten Kleinteile da. Besonders der Versuch der halbwegs korrekten Ausrichtung der Zusatztanks ließ mich noch einmal den Atem anhalten. Die Abwesenheit von Positionsstiften und der Zwang, Sekundenkleber zu benutzen, machten die Sache nicht gerade einfacher. Aber mit ruhiger Hand und zusammengekniffenem Auge kommt man irgendwann zum Ziel. Das Bugfahrwerksbein musste bei meinem Modell etwas verlängert werden, damit sich am Ende die für die Gnat charakteristische, leicht nach hinten abgesenkte Stellung ergab. In der Anleitung sind übrigens zwei Pitotrohre vorgesehen, unter jedem Flügel eins. Da ich aber bei allen Fotos einsitziger Gnats immer nur eines unter dem steuerbordseitigen Flügel entdecken konnte, ließ ich das andere kurzerhand einfach weg - wie auch die Teile 36 (Lufteinlauf an der Nase) und 37 (Antenne). Das Pitotrohr war gleichzeitig auch das letzte Teil, das ich anklebte, der Bruchgefahr wegen.

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Abschließend betrachtet

Das war also mein erstes Resinmodell. Teils gewöhnungsbedürftig und auf jeden Fall eine neue Erfahrung. Wer gerne Exoten baut, kommt auch heute noch um Resin kaum herum. Im Vergleich mit Spritzguss bedeutet zwar vor allem der dauernde Umgang mit Sekundenkleber einen etwas erhöhten Stressfaktor, aber wer genug Geduld aufbringen kann, hat am Ende ein Modell, dass von einem Plastikkit nicht zu unterscheiden sein sollte - es sei denn, durch das Mehr an Details, das vielen Resinbausätzen zueigen ist. Mein nächster Bausatz wird allerdings zur Erholung wieder mit Plastikkleber gebaut.

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Weitere Bilder

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Bernd Korte

Publiziert am 10. Oktober 2009

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