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Mil Mi-6

Ein Hubschrauber setzt Maßstäbe

von Bernhard Pethe (1:72 Amodel)

Mil Mi-6

Geschichte:

Man schreibt das Jahr 1952 als die ersten Entwurfsarbeiten beim OKB Mil in Gang kamen. Das Militär im Rücken, war allen Beteiligten klar, die Latte der technischen Probleme wird lang werden. Und so liest sich die technische Entwicklungsgeschichte der Mil Mi-6 wie ein Harry Potter für Hubschrauberfans. Was flogen damals für Hubschrauber? Der größte sowjetische Hubschrauber, die Jak-24 schaffte bestenfalls 4 t. Die Problematik der Schwingungen und der Flattererscheinungen im Hubschrauberbau war keinesfalls geklärt und setzte bei der Erhöhung der Nutzmasse durch eine Vergrößerung der Hubschrauberzelle prinzipielle Grenzen. Im Oktober 1956 war das erste Exemplar der Mi-6 bis auf die Rotorblätter im Flugzeugwerk Nr. 329 fertig. Am 5. Juni 1957 hob der Werkspilot R.I. Kapreljan zum ersten mal vom Boden ab und am 18. Juni führte sie ihren ersten freien Flug durch. Die erste Etappe der Werkserprobung wurde bereits am 30. Oktober 1957 erfolgreich abgeschlossen und mit einem absoluten Weltrekord gekrönt. An diesem Tag wurde eine Masse von 12 004 kg auf eine Höhe von 2432 m gebracht. Dabei blieb es aber nicht. Erst der zweite Prototyp der Mi-6 war mit den markanten Zusatzflügeln ausgerüstet und war im Februar 1958 fertig. Im gleichen Jahr nahmen beide Hubschrauber an der Luftparade in Tuschino teil. Auch die staatliche Erprobung wurde weiter fortgeführt und endete in weiteren Weltbestleistungen. Insgesamt wurden 16 Weltrekorde mit der Mi-6 aufgestellt. Das OKB Mil wurde von der amerikanischen „Gesellschaft für Hubschrauber“ mit dem „Igor Sikorsky Preis“ ausgezeichnet. Die Produktion der Mi-6 lief bis 1980 und wurde von seinem Nachfolger, der Mi-26 abgelöst. Insgesamt wurden 874 Hubschrauber gebaut. Zeitweise erreichte die Produktion 74 Maschinen im Jahr. In der 40-jährigen Geschichte der Mi-6 gab es eine große Anzahl militärischer und ziviler Varianten. Diese alle jetzt hier aufzuzählen und zu erklären wäre sicher nicht uninteressant, würde aber den Rahmen hier sprengen.

Das Modell:

Ein Riesenkarton mit 280 Bauteilen, 15 Seiten Bauanleitung, jede Menge Arbeit. Man muss schon ein wenig Enthusiasmus mitbringen, um sich durch den Wust von Teilen zu arbeiten. Dabei muss jedes, aber auch jedes Teil von Grat befreit und nachgearbeitet werden. Ein Satz Sandpapierfeilen verschiedener Körnung und Trockenanpassen ist absolute Pflicht. Aber, hat man erst einmal die ersten paar Teile zusammen, wird man schnell erkennen, es passt alles irgend wie doch recht gut zusammen. Die Beschaffenheit des Kunststoffes tut sein übriges. Das Material lässt sich sehr gut gravieren und trocknet beim Kleben sehr schnell.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten sich beim Bau dieses Modells aus der Affäre zu ziehen. Man baut den Frachtraum geschlossen und spart sich dabei jede Menge Arbeit. Oder, man hat im Kopf schon die Idee zu einem Diorama. Dann lässt man die großen Ladetore offen und muss dabei den Innenausbau in Kauf nehmen. Fakt ist, der Innenausbau verdoppelt in etwa die Bauzeit des Modells.

Mil Mi-6

Es muss schon sehr exakt gearbeitet werden, bis endlich beide Rumpfschalen ohne Spalten und Überstände zusammen passen. Dabei sollte das Cockpit, der Mittelrumpf und der Heckträger separat gebaut und erst dann zusammen gefügt werden. Eine zusätzliche Arbeit ergab sich bei der Neuanfertigung der Bullaugen für den Rumpf. Kabinenhaube und Glaskuppel wurden lediglich innen und außen mit Future behandelt. Bevor der Rumpf im Triebwerksbereich geschlossen wird, müssen die Abgasrohre und das Einlaufteil fertig lackiert werden, da später da kein Rankommen mehr ist. Durch Spachtel- und Schleifarbeiten gehen alle Gravuren am Unterrumpfbereich verloren. Sehr hilfreich bei der Neugravur sind dabei die Zeichnungen aus der russischen Modellbauzeitschrift, Awiazia i Wremja 1/99.

Mil Mi-6

Erst jetzt wird der Rumpf mit seinen äußeren Anbauten, wie Hilfsflügel, Hauptfahrwerksstreben und Griffstangen komplettiert. Ein Arbeitsschritt, den ich nicht verschweigen möchte, das Ziehen von unendlichen Nietreihen mittels selbstgebautem Rändelrädchen. Keine neue Erfindung aber eine tolle Sache, denn der Effekt ist verblüffend und die Optik des Modells profitiert erheblich dabei. Die Griffstangen im Triebwerks- und Rumpfbereich wurden aus Kupferdraht neu gefertigt.

Mil Mi-6

Der Rotorkopf und die Tragschraubenblätter, ein Modell für sich. Die Tragschraubenblätter mussten sich alle einer Schleiforgie im Endkantenbereich unterziehen. Dabei gehen auch wieder die Gravuren verloren und müssen wieder hergestellt werden. Dazu kommt, das alle TS- Blätter absolut gerade sind und erst mal in Form gebracht werden müssen. Das vorsichtige Biegen zwischen Daumen und Zeigefinger bringt schon den nötigen Grad der Durchbiegung der Blätter. Merke: Die Durchbiegung der Blätter ist am Rotorkopf am größten und nimmt zum Blattende ab. An den Blättern wurde nachträglich aus 0,4mm Plastiksheet die Verdickungen bei den Holmflanschen aufgeklebt. Ein Detail an den frühen Mi-6 Varianten, dem man nur bei intensiven Vorbildstudium auf die Schliche kommt. Rotorkopf und Blätter wurden separat gespritzt und erst nach der fertigen Farbgebung verklebt. Alle Blätter am Heckrotor wurden nachträglich mit Drahtstiften versehen und an der Nabe verklebt. Dabei ist darauf zu achten, dass wegen der Blattgelenke im abgestellten Zustand nicht alle Blätter in einer Drehebene stehen. Das obere Blatt steht je nach Windrichtung immer etwas nach innen oder nach außen.

Mil Mi-6

Auffällig bei allen Mi-6 Bildern, das grobe Reifenprofil der Hauptfahrwerksräder. Im Bausatz sind diese völlig glatt. Zu jeder Profilrille wurde ein Klebestreifen diagonal angebracht und mit einem Sägeblatt daran entlang geritzt. Anschließend wurde der Reifen auf einem alten heißen Bügeleisen abgeplattet. Die geöffneten Ladetore konnten nicht einfach angeklebt werden. Zum besseren Halt und zur Justierung wurden auch hier Drahtstifte verwendet. Die Komplettierung mit allen Anbauten erfolgte erst nach der Farbgebung.  

Mil Mi-6

Thema Farbgebung. Man kann ja der Bauanleitung folgen und hat damit die Materie schnell abgehandelt. Aber so einfach ist die ganze Sache gar nicht. So ist vor allem bei den russischen Maschinen die Farbe Grau in allen Schattierungen möglich. Neben dem dunklen, satten Grau bei neuen Anstrichen überwiegen die ausgebleichten, hellgrauen Farbtöne. Die erste Farbschicht wurde daher mit Xtracolor 621 gespritzt, einem recht hellen Grau. Alle Niet- und Paneellinien wurden mit 0,2er Düse und Xtracolor X136 nachbehandelt. Abschließend noch einmal leicht mit X621 übersprüht.

Mil Mi-6

Die beiliegenden Decals vertragen viel Weichmacher und danken es mit einer engen Bindung. Nun dürfen auch dezente Abnutzungs- und Gebrauchsspuren aufgetragen werden. Auffällig dabei, die Rußfahne hinter dem Hilfsflügel und Lackverfärbungen durch Hitze im Bereich der Abgasrohre. Dazu kommen leichte Rostspuren an vielen Scharnieren und seitlich der Wasserrinnen über den Türen. Der abschließende Überzug mit einem farblosen Mattlack bringt das richtige Finish. Das Anbringen der Langdrahtantenne aus einem gezogenen, farblosen Termoplast, war dann aber die letzte Arbeit an diesem Modell. Fast. Ich habe danach noch zwei Verschlussdeckel für die Ansaugöffnungen der Triebwerke angefertigt und eingeklebt. Zwei Farbtupfer, die dem Modell gut zu Gesicht stehen.

Mil Mi-6

Ein Fazit, oder was bleibt noch zu sagen? Ein schönes Modell, das die Palette der schon vorhandenen Mil Hubschrauber in diesem Maßstab mustergültig ergänzt. Ich habe in dieser Darstellung nicht alle Punkte aufgeführt, sondern mich auf die wichtigsten Kernpunkte beschränkt. Mehrfach wurde auch von den Vorgaben der 15seitigen Bauanleitung abgewichen, da mir ein anderes Vorgehen sinnvoller erschien. Die vielen kleinen Schwierigkeiten treten beim Betrachten des fertigen Modells schnell in den Hintergrund und es macht schon Spaß, einem Amodel Leben einzuhauchen.

Mil Mi-6

Mil Mi-6

Literatur zum Thema:

  • Awiazia i Wremja, Heft 1/99
  • Dr.- Ing. Gerber: Die Entwicklung des sowjetischen Hubschrauberbaus Teil 2B, Elbe- Dnjepr- Verlag, 2002
  • Peter Bork: Illustrierte Reihe für den Typensammler, Heft 30 Mil Mi-6, Deutscher Militärverlag 1966
  • MIL Moscow Helicopter Plant 50 Years, Lyubimaya Kniga, Moskau 1998
  • Yefim Gordon: Mil´s Heavylift Helicopters, Red Star Volume 22, Midland 2005

Dieses Foto entstand am ehem. sowj. Hubschrauberstützpunkt in Nora
Dieses Foto entstand am ehem. sowj. Hubschrauberstützpunkt in Nora

Bernhard Pethe

Publiziert am 17. Dezember 2006

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