AVUS 1937von Harry Brunner (1:43 Touchwood Models)Der historische Hintergrund
Das sehr bekannte Foto der beiden Silberpfeile von Auto Union und Mercedes-Benz auf der Nordkurve beim AVUS-Rennen 1937 hat mich immer schon fasziniert. Diese Kurve war mit 43,6° Überhöhung wesentlich steiler als beispielsweise Daytona mit 31° oder Indianapolis mit 11°. Diese Kurve wurde nicht umsonst „Mordkurve“ oder „Wall of Death“ genannt.
Die Fahrbahn war mit Ziegeln, die schmalen Seite nach oben, gepflastert, somit eine sehr unebene Fahrbahn, der Fahrbahnquerschnitt eigentlich eine schiefe Ebene, anders als alle anderen Rennstrecken, wo der Kurvenquerschnitt eine Parabelform hatte. Somit war die Kurve eigentlich kontraproduktiv, was hohe Geschwindigkeiten betraf: Es war sehr leicht möglich, einen Abflug zu provozieren, vor allem bei Nässe. Dazu kam die Wölbung am oberen Rand, die wie ein Katapult wirkte. Vor den Rennen wurden deshalb die beiden weißen Striche auf der Fahrbahn aufgebracht, wobei man den oberen tunlichst nicht überfahren sollte.
Da das für Ende Mai 1937 angesetzte Internationale AVUS-Rennen formelfrei war, konnten die dominierenden deutschen Hersteller, die Auto Union und Mercedes Benz, eigens für dieses eine Rennen aufgebaute Fahrzeuge an den Start bringen. So brachte die Auto Union zwei Stromlinienwagen für Bernd Rosemeyer, Startnummer 31, und Luigi Faglioli, Startnummer 33, zu den Trainingssitzungen im April. Diese, für die damalige Zeit wie UFOs aussehenden Renner, basierten auf dem bewährten Typ C Grand Prix Monoposto, besaßen aber eine sehr elegante und wie aus einem Guss erscheinende aerodynamische Karosserie. Die beiden „Flundern“ wurden neben der bekannten Bezeichnung „Silberpfeile“, alsbald liebevoll auch als „Silberfische“ bezeichnet. Der V16-Motor mit ca. 6 Liter Hubraum und Roots-Kompressor leistete ca. 520 PS bei 5000 U/min und ermöglichte Starfahrer Bernd Rosemeyer die schnellste Rennrunde mit einem Schnitt von 276,39 km/h, das heißt, eine Spitze von mehr als 370 km/h! Die dank des im Heck untergebrachten V-Motors sehr flache Karosserie mit einem cW-Wert von 0,237 leistete dazu einen nicht unbeträchtlichen Beitrag und half, den PS-Vorsprung der Mercedes-Wagen zu egalisieren.
Auch Mercedes-Benz brachte spezielle Autos mit, die vom Rekordwagen aus dem Jahr 1936 abgeleitet wurden, doch hier war es ein wenig komplizierter. Aufgrund der Arbeiten am neuen Grand Prix-Renner W 125 für die Saison 1937 kam man in Verzug. Und so standen schließlich drei sehr ähnlich aussehende, aber unter dem Alukleid unterschiedliche Boliden am Start. Allen gemeinsam war die konventionelle Auslegung mit vorne liegendem Motor und Transaxle-Getriebe, dennoch erreichte man einen nur wenig schlechteren cW-Wert als die Konkurrenz.
Im einzelnen handelte es sich um ein verlängertes Vorjahres-Chassis W 25 für Hermann Lang, Startnummer 37, mit dem M 125 Achtzylinder-Reihenmotor. Dieser 5,7 Liter-Motor mit Roots-Kompressor leistet rund 570 PS bei 5.800 U/min. Starfahrer Rudolf „Karatsch“ Caracciola, Startnummer 35, wählte ein neues Chassis W 125 mit ebenfalls einem M 125 Achtzylinder-Reihenmotor, weil er dem eigentlich für ihn bestimmten W 25k mit dem DAB V12-Zylindermotor nicht zutraute, ausreichend standfest zu sein. Diesen Wagen übernahm dann Manfred von Brauchitsch, Startnummer 36. Dabei handelt es sich um ein W 25 Kurzchassis und den 5,6 Liter DAB V12-Motor. Dieser war mit fast 300 kg für die Formel-Rennwagen viel zu schwer geraten, schien aber für dieses Hochgeschwindigkeitsrennen geradezu prädestiniert – schließlich lieferte der Motor am Prüfstand über 700 PS! Dabei ging auch gleich der Prüfstand zu Bruch! Äußerlich war der Wagen leicht zu erkennen: er war signifikant kürzer, hatte über den Hinterrädern kleine Lufthutzen, und aufgrund des V12 beidseitig Auspuffrohre. Die Mercedes-Fahrer konnten alle drei Läufe für sich entscheiden. Im ersten Vorlauf siegte Caracciola vor Rosemeyer in 32:29,6 Minuten und mit 1,5 Sekunden Vorsprung.
Allerdings lief Rosemeyers Motor nur auf 13 Zylindern und hatte massiven Ölverlust. Den zweiten Vorlauf gewann Manfred von Brauchitsch in 31:29,8 Minuten mit 21 Sekunden Vorsprung vor Hermann Lang. Im Hauptlauf siegte schließlich Hermann Lang mit 35:30,4 Minuten und mit 2 bzw. 32 Sekunden Vorsprung vor den Auto Union-Fahrern Ernst von Delius und Rudolf Hasse, beide auf dem Grand Prix Typ C. Rosemeyer wurde mit über einer Minute Rückstand Vierter; sein Motor lief nach wie vor unsauber.
Von all diesen Wagen hat kaum einer die Zeit und den Krieg überlebt. Der einzige originale Stromlinienrenner, der Wagen von Manfred von Brauchitsch, steht restauriert im Mercedes-Benz-Museum neben einem Grand Prix W 125. Von den Auto Union-Wagen gibt es keine gesicherten Informationen zum Verbleib, das meiste wurde nach Russland verbracht. Nach dem Fall der Mauer tauchten dann doch noch ein Grand Prix-Wagen vom Typ C und ein Typ D auf, dazu ließ die Audi AG im Jahr 2000 einen der Stromlinien-Rekordwagen nachbauen.
Vor vielen Jahren konnte ich im alten Mercedes-Benz-Museum den letzten originalen Wagen , #36 von Brauchitsch, bewundern. Die Bücher „Silver Arrows in Camera“ mit hervorragenden Originalfotos und „When Motor Racing was Bloody Dangerous: Ein Bildband nie gemachter Rennsportfotos“ mit 3D-generierten Bildern taten das übrige. Und so begann ein eigentlich als Entspannungsübung gedachtes Projekt mit diversen Internetrecherchen. Meine ModelleWie immer bei meinen Ideen, gab es natürlich wieder mal keine brauchbaren Modelle. Die angedachten und relativ guten Slot Cars von Carrera in 1:32 sind nur mehr antiquarisch zu bekommen und Carreras 1:24er-Modelle sind oder waren hinsichtlich ihrer Maße und Proportionen völlig daneben. Ansonsten gab es nur Diecast-Fertigmodelle, viel zu teuer und eher spielzeugmäßig.
Beim Surfen im Internet stiess ich nach geraumer Zeit auf Touchwood Models (die jetzt leider nach 40 Jahren den Betrieb eingestellt haben), ehemals GB Models, aus England. Hier fanden sich die beiden Renner in diversen Ausführungen. Es handelt sich dabei um Multimediakits aus absolut glattem Resinguss, sehr fein detailliert, gedrehten Alu-Bremstrommeln und die auf den ersten Blick etwas rudimentär wirkenden vormontierten Messingfelgen mit geätzten Speicheneinsätzen. Aber diese kommen den Originalen sehr nahe, aus Gewichtsgründen waren diese auch einfacher, als man sonst sieht. Dazu kamen profillose Reifen.
Nacharbeit fällt eigentlich nur bei den diversen Öffnungen an: diese haben alle Fischhaut, und beim Auto Union-Wagen sind sie außerdem zu groß. Am Mercedes fallen die viel zu großen und prominenten Nieten auf. Diese sollte man unbedingt verschleifen. Am Original waren das versenkte Schrauben, die man auf Fotos kaum erkennt. Da ich die Wagen im Rennen, angelehnt an das oben erwähnte Foto, darstellen wollte, wurden als erstes die Cockpits bzw. Sitze umgearbeitet, um die Fahrerfiguren (Resinguss mit Zinnköpfen der Fa. Denizen) zu installieren. Dazu mussten erstmal beide Karosserien im Cockpitbereich ausgeschliffen werden, um Platz zu schaffen. Beim Auto Union-Wagen reichte es danach aus, die Instrumententafel einfach um 1,5 mm nach vorne zu versetzen. Nachdem diese auf der Bodenplatte montiert wird, ist auch das Anpassen der Figur recht einfach: Beine entsprechend kürzen, die Arme stärker anwinkeln, weil man damals sehr nahe am Lenkrad saß. Beim Mercedes habe ich die Nackenpolsterung vom Sitz abgetrennt und direkt auf die zuvor ein wenig zurückgeschliffene Nackenstütze geklebt. Den Sitz selbst habe ich von der Grundplatte abgesägt und nach hinten versetzt. Für den Armaturenträger habe ich eine kleine Hilfskonstruktion aus Plastikstreifen angefertigt, um die Figur einpassen zu können. Auto Union: zu große Öffnungen in Kotflügeln, Cockpitanpassungen
Ein etwas dickeres Messingröhrchen kam auch für den einzelnen Auspuff des Reihen-Achtzylinder vom Mercedes zum Einsatz. Ich entschied mich schon beim Kauf für den Wagen Nr. 37 des Gesamtsiegers Hermann Lang, der das Rennen eigentlich ganz ohne Radabdeckungen fuhr. Aber nachdem in den diversen Trainingsläufen mal ganz ohne, mal nur vorne oder hinten, mal vollverkleidet herumprobiert wurde, beschloss ich, die vollverkleidete Variante zu realisieren. Die Radabdeckungen für die Vorderräder wurden zwar mitgeliefert, allerdings haben diese eine sehr ausgeprägte Kante und sind sehr flach. Ich klebte die Teile also auf eine Plastikplatte und versuchte, die Teile etwas rundlicher zu feilen und schleifen. Die Abdeckungen der Hinterräder sind Eigenbau aus zwei übereinander geklebten Plastikstreifen, war eine kleine Mr. White Putty Spachtel- und Schleiforgie. Wie erwartet, schaut der Wagen damit noch brachialer und monströser aus – vor allem im Vergleich zum UFO-mäßigen Auto Union-Wagen. Extradetails bei aufgesetzten Karosserien kaum mehr sichtbar
Nachdem die Karosserien soweit fertig waren, ging es ans Lackieren. Dazu verwendete ich „Alcoa“ von Gravity Colors auf einer schwarzen Acryl-Glanzgrundierung von Green Stuff World. Das erzeugte ganz unerwartete Effekte: auf der Oberfläche tauchten plötzlich jede Menge feine und feinste Kratzer auf, teilweise gingen die Klebestellen auf, und die Spachtelmasse begann einzusinken. Also ab ins Bad aus Isopropanol (-Alkohol) bzw. Spiritus; das hatte bisher immer noch funktioniert – egal auf welchem Material. Diesmal nicht. Die Karosserien wurden praktisch vernichtet! Das Resin wurde weich wie Kaugummi und beim neuerlichen Erhärten zerrissen die Teile regelrecht, beinahe wie Papier. Also zurück an den Start.
Der Hersteller bot mir aber Ersatz an in Form eines verbilligten, kompletten Kits für den Mercedes und einer kostenlosen Karosserie für den Auto Union-Wagen in der Rekordwagen-Variante, also ohne die Öffnungen über den Rädern. Nach ein paar Anpassungsarbeiten an den bereits fertigen Bodengruppen, den Auspuffanlagen und dem Lackieren der neuen Bodies waren noch die Decals ein Thema. Ausgewählt habe ich #31 für den Auto Union Bernd Rosemeyers und #37 für den MB Hermann Langs. Diese sind hauchdünn und bestehen aus einzelnen Zahlen, was das Aufbringen nicht ganz einfach macht. Weggelassen habe ich die NS-Zeichen. Die Auto Union fuhr ohnehin ohne diese Markierungen und ich konnte mich nicht dazu überwinden, die schöne Mercedes-Karosserie mit diesen, noch dazu in falschen Farben gedruckten Zeichen zu verschandeln. Auch die blaue Umrandung der Kühlöffnung wanderte in den Recyclingbehälter, die ließ sich, trotz heftigem Einsatz von Weichmacher, partout nicht korrekt anbringen. Die kleinen Windschutzscheiben liegen als Tiefziehteile bei, haben im Gegensatz zu den Originalen aber leider sehr weiche Kanten. Aus Klarsichtverpackungen, aufgrund der einfachen Form, neu gemacht und mit verdünntem Weißleim fixiert. Das Ganze auf Anfang - mit neuen Karosserien Nach den Fahrzeugen - die Piste
Durch den kleinen Maßstab fiel schon früh die Entscheidung, ein ganzes Segment dieser Kurve darzustellen. Die drei übereinander geleimten Platten und die zugeschnittenen Steher sind aus MDF, darauf klebte ich zuerst eine 3 mm dünne Kapa® Line-Platte. Innenseitig wurde diese dünne Platte im Fahrbahnbereich mit einer 10 mm dicken Schaumstoffplatte verstärkt, damit sich nichts verzieht oder durchhängt. Mit einer weiteren 3 mm-Platte verkleidete ich die Rückseite zwischen den Stehern. Nach dem Lackieren mit schwarzem Sprühlack gestaltete ich die Fahrbahn mit den traumhaften Echtsteinmatten von CH Kreativ in zwei verschiedenen Größen bzw. Schattierungen. Der einzige größere Aufwand war dabei, die vier kürzeren Bahnen zu verzahnen, also jeden zweiten Randziegel auszuschneiden und sie dann im Verbund zu verlegen. Verklebt wurden die Matten mit Express Weißleim von Ponal, verfugt wurde das Ganze mit Fugensand von CH Kreativ. Nach etlichen Stunden der Recherche gab es diesen Plan Und jetzt kann auch die Presse kommen
Die Figuren wurden aus diversen Preiserteilen und 3D-Drucken von Speira Miniatures bzw. MB-Models „zusammengestoppelt“. Angelehnt an eine Fotografie, versuchte ich auch die beiden Rennleiter, Ferdinand Porsche für die Auto Union, und Alfred Neubauer für Mercedes Benz, darzustellen. Für die Bemalung der Figuren verwende ich bei den Hauttönen Ölfarbe: als Grundierung ein relativ heller Sandfarbton, dann schrittweise unverdünnte Ölfarbe. Alles andere bemalte ich mit Acrylfarben diverser Hersteller; bei den Piloten ver„glaste“ ich die Rennbrillen noch mit einem Tropfen Klarlack. Zur Montage wurden Figuren und Autos mit Drahtstiften versehen, und mit Montagekleber von Pattex am jeweiligen Platz eingeklebt. Der letzte Schritt, bevor eine Plexiglashaube das Diorama vor Staub schützt, waren Ausdrucke von Originalplakaten und ein Vorbildfoto, die ich auf die Rückseite aufkaschierte. Bedanken möchte ich mich bei Mercedes Classic, Audi Tradition und dem Berliner Technikmuseum, die mir Informationen und Originalfotos zukommen ließen. Rennleiter und Fotografen im Rohbau Wem die Bilder und die Story bekannt vorkommen, hat sie vielleicht in gedruckter Form schon hier gesehen:
Harry Brunner Publiziert am 28. Juni 2025 © 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |