Das blaue Einhornvon Martin Schiffel (1:35 verschiedene Hersteller)
„Neben den blauen Büffeln und den Löffelelefanten gehörten die blauen Einhörner zu den eindrucksvollsten Geschöpfen, die die Grasebenen am Fuße des Zentralgebirges des Kontinents bewohnten. Ihre Schulterhöhe betrug mehr als die Größe eines erwachsenen Mannes, und das große einzelne Horn auf ihrem Kopf konnte drei Armlängen erreichen.
Die blauen Einhörner waren Einzelgänger, die nur zur Paarungszeit zusammenfanden. Dennoch grasten sie meist in Sicht- oder Hörweite einer Büffel- oder Elefantenherde, wahrscheinlich nutzten sie das Warnsystem dieser Tiere vor Feinden, ihre eigenen Sinnesorgane waren relativ schwach ausgebildet. Andererseits profitierten die Büffel und Elefanten von der Wehrhaftigkeit der blauen Einhörner. Das letzte blaue Einhorn wurde 23 Jahre nach dem Krieg gegen den Kontinent geschossen, sein konservierter Kopf ziert heute die Eingangshalle eines Landsitzes auf Li-Do-Ba.
Ein Jahr vor dem Beginn des Krieges gegen den Kontinent sah ich zum letzten Mal ein blaues Einhorn. Es war auf einem Eisenbahnwaggon der „Menagerie“ angekettet und wartete auf seinen Transport zur Inselwelt. Ein blauhäutiger Knabe hockte vor ihm und zeichnete zu seiner Beruhigung in unablässiger Bewegung mit weißer Kreide einen hypnotisierenden Kreis.“ Text entnommen aus dem Werk von Matr Jin „Die Tierwelt des Kontinents - wie sie einmal war“
Weder taucht das blaue Einhorn in der „Geschichte der bionischen Kriege“ (Link) auf, noch ist „Die Tierwelt des Kontinents - wie sie einmal war“ bis heute geschrieben. Dennoch war es schon Teil meiner Welt, noch bevor „Die Geschichte der bionischen Kriege“ geschrieben wurde und die finsteren Männer der „Menagerie“ spielen in meinen Geschichten eine nicht unerhebliche Rolle. 2006 malte ich ein auf einem Eisenbahnwaggon angekettetes blaues Einhorn und schon damals hatte ich den Wunsch nach Dreidimensionalität dieses Motivs.
Es dauerte aber noch etliche Jahre, ehe ich mich an eine modellbauerische Darstellung wagte. Trotz deutlicher Fortschritte im 3D-Druck fand ich lange keine geeignete Figur, die ich zu einem blauen Einhorn umarbeiten konnte. Irgendwann sah ich dann im unendlichen Fundus des Sockelshops ein Nashorn des Labels Animal Den Miniatures, im Maßstab 1:24 war es für 1:35 als Darsteller eines blauen Einhorns geeignet. Mit Dremel, Spachtelmasse, Schleifpapier und Graviernadel brachte ich das flott dahinschreitende Nashorn vom „Gehen“ zum „Stehen“ und formte ein einzelnes Horn statt der vorhandenen zwei Hörner.
Zusammen mit meiner Freundin baute ich dann den Eisenbahnwaggon und die Basis der Vignette. Der Eisenbahnwaggon entstand aus einem Bausatz der Firma AK Interactive (AK35501). Der Waggon wurde etwas gekürzt, mit Humbrol-Primer grundiert, mit Email- und Ölfarbe bemalt und mit Gouache-Farbe gealtert. Decals wurden nur sparsam eingesetzt, die Welt des blauen Einhorns ist ja nicht unsere Welt.
Dem AK-Bausatz liegen Gleise bei, ihre Schwellen wurden an der Unterseite abgeschliffen, da abzusehen war, dass ohne diese Maßnahme das blaue Einhorn die Decke der für den Staubschutz geplanten Trumpeter-Vitrine berühren würde. Die Gleise wurden auf eine Kunststoffplatte geklebt und mit Schotter der Firma Schotterkunst bestreut. Der Rest der Kunststoffplatte erhielt einen Belag aus eingefärbtem kalifornischem Sand und Grasbüschel aus dem Fundus der Firma Model Scene. Zum Abschluss erfolgte eine Alterung mit sandfarbener Gouachefarbe.
Die beiden Männer von der „Menagerie“ sind 3D-Druck-Figuren aus dem Sockelshop. Der ältere der beiden Männer bekam neue Arme. An ihre Hüte wurden mit dem Skalpell geschnittene Schmetterlinge aus Papier geklebt. Der Hund stammt aus einem Dreier-Set eines mir nicht mehr erinnerlichen Herstellers. Die hinter dem blauen Einhorn stehenden Kisten sind aus dem Sortiment von Miniart.
Der hockende blauhäutige Junge ist eine umgearbeitete Figur aus dem Gecko Models-Set 35GM0109. Die ihn bedeckende schmutzige graue Decke entstand aus einer Papierserviette. Alle Figuren einschließlich des Blauen Einhorns wurden mit Humbrol-Primer grundiert, mit Email- und Ölfarbe bemalt und mit Gouache- und Aquarellfarbe akzentuiert. Die Kettchen, mit denen das blaue Einhorn gefesselt ist, stammen von CMK.
Im Anhang zu Matr Jins „Die Tierwelt des Kontinents - wie sie einmal war“ findet sich eine bemerkenswerte Ergänzung: „Vor drei Jahren sollen in einem kleinen Tal südöstlich des Zentralgebirges des Kontinents die Spuren eines blauen Einhorns und seines Jungtieres gesichtet worden sein. Ein hoffnungsvolles Zeichen.“
Martin Schiffel Publiziert am 13. September 2025 © 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |